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Kaltakquise rechtliche Grundlagen: DSGVO und UWG konform akquirieren

Was ist bei Kaltakquise rechtlich erlaubt? Alle wichtigen Regelungen zu DSGVO, UWG und Telefonakquise im B2B und B2C – damit Sie rechtssicher neue Kunden gewinnen.

Kaltakquise Experten
Aktualisiert: 21. Oktober 2025
Justitia-Waage symbolisiert rechtliche Grundlagen der Kaltakquise nach DSGVO und UWG

Kaltakquise ist eine der effektivsten Methoden zur Neukundengewinnung – aber nur, wenn Sie die rechtlichen Spielregeln kennen und einhalten. Viele Vertriebsmitarbeiter sind unsicher: Was ist erlaubt? Welche Strafen drohen bei Verstößen? Wie unterscheiden sich B2B und B2C rechtlich?

In diesem Ratgeber erklären wir Ihnen alle wichtigen rechtlichen Grundlagen zur Kaltakquise nach DSGVO und UWG. Sie erfahren, wie Sie rechtssicher telefonieren, welche Einwilligungen Sie benötigen und welche Dokumentationspflichten Sie erfüllen müssen.

Rechtliche Rahmenbedingungen: UWG und DSGVO im Überblick

Bei der Kaltakquise am Telefon greifen zwei zentrale Rechtsgebiete: Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) regelt die Zulässigkeit von Werbeanrufen, während die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) den Umgang mit personenbezogenen Daten vorschreibt.

Das UWG: Wann sind Werbeanrufe erlaubt?

Paragraph 7 UWG regelt die Zulässigkeit von Telefonwerbung und unterscheidet klar zwischen B2B und B2C:

B2C (Privatkunden):

  • Werbeanrufe sind nur mit ausdrücklicher vorheriger Einwilligung des Verbrauchers zulässig
  • Die Einwilligung muss freiwillig, informiert und eindeutig sein
  • Sie muss sich konkret auf Telefonwerbung beziehen
  • Stillschweigende oder mutmaßliche Einwilligung reicht nicht aus

B2B (Geschäftskunden):

  • Anrufe sind bei mutmaßlichem Interesse des Unternehmens erlaubt
  • Es wird keine vorherige Einwilligung benötigt
  • Das Produkt oder die Dienstleistung muss zum Geschäftszweck passen
  • Der Angerufene muss klar widersprechen können

Bei Verstößen gegen Paragraph 7 UWG drohen Bußgelder bis zu 300.000 Euro sowie Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche durch Wettbewerber oder Verbraucherschutzverbände.

Die DSGVO: Datenschutz bei der Akquise

Neben dem UWG müssen Sie bei der Kaltakquise die DSGVO einhalten. Bereits die Telefonnummer ist ein personenbezogenes Datum und unterliegt dem Datenschutz.

Zentrale DSGVO-Anforderungen:

  1. Rechtsgrundlage für Datenverarbeitung:

    • B2B: Meist Artikel 6 Absatz 1 lit. f DSGVO (berechtigtes Interesse)
    • B2C: Artikel 6 Absatz 1 lit. a DSGVO (Einwilligung erforderlich)
  2. Informationspflichten nach Artikel 13/14 DSGVO:

    • Name und Kontaktdaten Ihres Unternehmens
    • Zweck der Datenverarbeitung
    • Rechtsgrundlage
    • Speicherdauer
    • Widerrufsrecht und Beschwerderecht
  3. Dokumentationspflicht:

    • Nachweis der Einwilligung bei B2C-Kontakten
    • Dokumentation des berechtigten Interesses bei B2B
    • Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten
  4. Betroffenenrechte:

    • Auskunftsrecht
    • Recht auf Löschung
    • Widerspruchsrecht

B2B-Kaltakquise: Was ist erlaubt?

Im B2B-Bereich haben Sie deutlich mehr Spielraum als bei Privatpersonen. Dennoch gibt es klare Grenzen.

Mutmaßliches Interesse richtig einschätzen

Ein mutmaßliches Interesse liegt vor, wenn:

  • Das Angebot zur Geschäftstätigkeit des Unternehmens passt
  • Der Kontakt an der richtigen Stelle (z.B. Einkauf, IT-Leitung) erfolgt
  • Die Kontaktaufnahme professionell und nicht belästigend wirkt
  • Ein objektiver Nutzen für das Unternehmen erkennbar ist

Praktische Beispiele:

Erlaubt: Ein Softwareanbieter für Buchhaltung kontaktiert die Geschäftsführung eines mittelständischen Produktionsunternehmens.

Erlaubt: Ein Anbieter von Büromöbeln ruft bei der Facility-Management-Abteilung eines Großunternehmens an.

Nicht erlaubt: Ein Versicherungsvertreter ruft die private Handynummer des Geschäftsführers an, die er aus dem Impressum einer Website hat.

Nicht erlaubt: Ein Reiseveranstalter kontaktiert ein IT-Unternehmen für ein Produkt ohne erkennbaren Geschäftsbezug.

Best Practices für rechtssichere B2B-Akquise

  1. Zielgruppe präzise definieren: Stellen Sie sicher, dass Ihr Angebot wirklich zur Branche und Unternehmensgröße passt.

  2. Recherche dokumentieren: Halten Sie fest, warum Sie von einem mutmaßlichen Interesse ausgehen.

  3. Professionell auftreten: Kontaktieren Sie die richtige Abteilung über offizielle Geschäftsnummern.

  4. Widerspruch respektieren: Wenn jemand kein Interesse hat, notieren Sie dies und kontaktieren die Person nicht erneut.

  5. Datenschutzhinweis bereithalten: Können Sie bei Bedarf Informationen nach Artikel 13 DSGVO übermitteln.

  6. CRM richtig nutzen: Dokumentieren Sie jeden Kontaktversuch, Einwände und Widersprüche.

B2C-Kaltakquise: Strenge Regeln für Privatkunden

Bei Privatpersonen ist Kaltakquise am Telefon deutlich restriktiver geregelt. Spezielle B2C Kaltakquise-Strategien für Privatkunden helfen Ihnen, trotz rechtlicher Einschränkungen erfolgreich zu sein.

Einwilligung: Das zentrale Kriterium

Ohne ausdrückliche vorherige Einwilligung dürfen Sie Verbraucher nicht zu Werbezwecken anrufen. Die Einwilligung muss folgende Anforderungen erfüllen:

Kriterien einer wirksamen Einwilligung:

  • Freiwilligkeit: Keine Kopplung an andere Leistungen
  • Informiertheit: Der Verbraucher muss wissen, wofür er einwilligt
  • Eindeutigkeit: Aktive Handlung erforderlich (kein vorausgefülltes Häkchen)
  • Konkretheit: Bezug auf Telefonwerbung muss klar sein
  • Widerrufbarkeit: Jederzeit und einfach möglich
  • Nachweisbarkeit: Sie müssen die Einwilligung dokumentieren können

Wie Sie rechtssicher an Einwilligungen kommen

Zulässige Wege zur Einwilligung:

  1. Webformulare mit Opt-in: Checkbox, die aktiv gesetzt werden muss, mit klarem Text wie: “Ja, ich willige ein, dass mich [Unternehmen] telefonisch zu Angeboten kontaktieren darf.”

  2. Double-Opt-in per E-Mail: Nach der ersten Einwilligung erfolgt eine Bestätigungsmail mit Link.

  3. Schriftliche Vereinbarung: Z.B. bei Messen, Events oder im stationären Handel.

  4. Telefonische Einwilligung: Nur wenn der Verbraucher Sie zuerst angerufen hat und Sie um die Erlaubnis für weitere Kontakte bitten.

Unzulässig sind:

❌ Einwilligung durch Schweigen oder Untätigkeit ❌ Vorausgefüllte Checkboxen (Opt-out statt Opt-in) ❌ Versteckte Einwilligung in AGBs oder Datenschutzerklärungen ❌ Einwilligung als Bedingung für Vertragsabschluss ohne sachlichen Zusammenhang

Was tun bei versehentlichem Anruf ohne Einwilligung?

Sollten Sie versehentlich einen Verbraucher ohne Einwilligung anrufen:

  1. Entschuldigen Sie sich höflich: “Entschuldigen Sie bitte, ich habe gerade festgestellt, dass dieser Anruf ein Versehen war.”

  2. Beenden Sie das Gespräch sofort: Versuchen Sie nicht, das Gespräch zu retten oder Interesse zu wecken.

  3. Dokumentieren Sie den Vorfall: Notieren Sie den Fehler in Ihrem CRM.

  4. Löschen Sie die Daten: Wenn keine andere Rechtsgrundlage besteht, müssen die Kontaktdaten gelöscht werden.

  5. Informieren Sie Ihr Team: Vermeiden Sie Wiederholungen durch bessere Prozesse.

Dokumentationspflichten und Nachweispflicht

Sowohl UWG als auch DSGVO verlangen, dass Sie Ihre Akquise-Aktivitäten dokumentieren können.

Was Sie dokumentieren müssen

Bei B2B-Kontakten:

  • Quelle der Kontaktdaten (z.B. Unternehmenswebsite, Branchenverzeichnis)
  • Datum und Uhrzeit des Anrufs
  • Gesprächspartner und Position
  • Kurze Gesprächsnotiz (Interesse, Einwände, Vereinbarungen)
  • Widerspruch gegen weitere Kontakte
  • Begründung des mutmaßlichen Interesses

Bei B2C-Kontakten:

  • Einwilligungsdatum und -zeitpunkt
  • Wortlaut der Einwilligung
  • Quelle der Einwilligung (Webformular, Event, etc.)
  • Bestätigung bei Double-Opt-in
  • Widerruf der Einwilligung (falls erfolgt)

Aufbewahrungsfristen und Löschpflichten

  • Einwilligungen: Müssen für die Dauer der Verarbeitung plus eventuelle Verjährungsfristen aufbewahrt werden
  • Negative Reaktionen: Widersprüche gegen Werbung müssen dauerhaft gespeichert werden (Sperrliste)
  • Erfolglose Kontakte: Nach 3-6 Monaten ohne Erfolg sollten Daten gelöscht oder anonymisiert werden
  • Nach Geschäftsabschluss: Gelten die üblichen gesetzlichen Aufbewahrungsfristen (6-10 Jahre)

Nutzen Sie ein CRM-System, das diese Dokumentation automatisch unterstützt und Löschfristen überwacht.

Sanktionen und Risiken bei Verstößen

Rechtsverstöße bei der Kaltakquise können teuer werden und Ihrem Unternehmen nachhaltig schaden.

UWG-Verstöße: Bußgelder und Abmahnungen

Mögliche Konsequenzen:

  • Bußgelder bis zu 300.000 Euro (bei B2C-Verstößen häufig verhängt)
  • Abmahnungen durch Wettbewerber (Kosten ab 1.000 Euro aufwärts)
  • Unterlassungserklärungen mit Vertragsstrafen
  • Schadensersatzforderungen
  • Negative Medienberichterstattung

Reale Fälle:

  • 2023: Energieversorger wurde mit 250.000 Euro Bußgeld belegt wegen massenhafter unerlaubter Werbeanrufe an Verbraucher
  • 2022: Telekommunikationsunternehmen zahlte 200.000 Euro Bußgeld für Anrufe trotz Widerspruch

DSGVO-Verstöße: Millionenstrafen möglich

Bußgeldrahmen:

  • Bis zu 20 Millionen Euro
  • Oder 4 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes
  • Je nachdem, welcher Betrag höher ist

Zusätzliche Risiken:

  • Beschwerden bei Datenschutzbehörden
  • Reputationsschäden durch öffentliche Berichterstattung
  • Vertrauensverlust bei potenziellen Kunden
  • Interne Untersuchungen und Audits

So minimieren Sie Ihr Haftungsrisiko

  1. Schulen Sie Ihr Team: Alle, die Kaltakquise betreiben, müssen die rechtlichen Grundlagen kennen.

  2. Implementieren Sie klare Prozesse: Checklisten für rechtssichere Akquise, Vorlagen für Einwilligungen.

  3. Nutzen Sie technische Lösungen: CRM-Systeme mit Einwilligungsmanagement und automatischer Dokumentation.

  4. Führen Sie regelmäßige Audits durch: Überprüfen Sie, ob Ihre Prozesse eingehalten werden.

  5. Holen Sie rechtliche Beratung ein: Bei Unsicherheiten konsultieren Sie einen Fachanwalt für IT-Recht oder Datenschutz.

  6. Reagieren Sie auf Beschwerden ernst: Nehmen Sie Widersprüche und Beschwerden sofort auf und reagieren Sie professionell.

Praktische Tipps für rechtssichere Kaltakquise

Gesprächseröffnung mit Datenschutzhinweis

Beginnen Sie Ihr Gespräch professionell und transparent:

Beispiel B2B: “Guten Tag Herr Müller, mein Name ist [Name] von [Unternehmen]. Ich rufe Sie an, weil wir Software für mittelständische Produktionsbetriebe entwickeln und ich glaube, dass dies für Ihr Unternehmen interessant sein könnte. Passt es Ihnen gerade kurz?”

Bei Nachfrage zu Datenschutz: “Ihre Kontaktdaten habe ich über Ihr Unternehmensimpressum auf der Website erhalten. Selbstverständlich behandeln wir Ihre Daten vertraulich gemäß DSGVO. Wenn Sie möchten, sende ich Ihnen gerne unsere Datenschutzinformation per E-Mail zu.”

Widerspruch richtig behandeln

Wenn jemand kein Interesse hat oder widerspricht:

  1. Akzeptieren Sie den Widerspruch sofort: “Vielen Dank für Ihre offene Rückmeldung, Herr Müller.”

  2. Notieren Sie es im CRM: Markieren Sie den Kontakt als “kein Interesse” oder “Widerspruch”.

  3. Bestätigen Sie die Löschung: “Ich nehme Ihre Daten aus unserem Verteiler. Sie werden von uns keine weiteren Anrufe erhalten.”

  4. Bieten Sie eine Alternative an: “Falls sich Ihre Situation ändert, finden Sie uns unter [Website]. Einen schönen Tag noch!”

Einwilligungstexte rechtssicher formulieren

Gutes Beispiel für Webformular:

”☐ Ja, ich willige ein, dass mich [Unternehmensname] telefonisch kontaktieren darf, um mich über Produkte und Dienstleistungen zu informieren. Ich kann diese Einwilligung jederzeit per E-Mail an [E-Mail] oder telefonisch unter [Telefonnummer] widerrufen. Weitere Informationen finde ich in der [Datenschutzerklärung].”

Schlechtes Beispiel:

”☑ Ich möchte über Neuigkeiten informiert werden.” (Zu unkonkret, kein klarer Bezug zu Telefonwerbung, vorausgefüllt)

Checkliste: Rechtssichere Kaltakquise

Nutzen Sie diese Checkliste vor jedem Akquise-Anruf:

Vor dem Anruf:

  • Ist der Kontakt B2B oder B2C?
  • Bei B2C: Liegt eine dokumentierte Einwilligung vor?
  • Bei B2B: Besteht ein mutmaßliches Interesse?
  • Habe ich die Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung dokumentiert?
  • Kann ich die Quelle der Kontaktdaten nachweisen?
  • Liegt ein Widerspruch gegen Werbung vor?

Während des Anrufs:

  • Identifiziere ich mich klar mit Name und Unternehmen?
  • Nenne ich den Zweck des Anrufs transparent?
  • Kann ich bei Nachfrage Datenschutzinformationen geben?
  • Akzeptiere ich einen Widerspruch sofort?

Nach dem Anruf:

  • Habe ich das Gespräch im CRM dokumentiert?
  • Habe ich einen Widerspruch entsprechend markiert?
  • Sind alle Vereinbarungen (z.B. Rückruftermin) festgehalten?
  • Habe ich die Datenschutzinformation versendet (falls zugesagt)?

Fazit: Erfolgreiche Akquise beginnt mit rechtlicher Sicherheit

Kaltakquise ist im B2B-Bereich ein legitimes und effektives Vertriebsinstrument – solange Sie die rechtlichen Spielregeln kennen und einhalten. Im B2C-Bereich sind die Hürden höher, aber mit korrekten Einwilligungen ebenfalls umsetzbar.

Die wichtigsten Grundsätze:

  1. B2B und B2C klar unterscheiden: Die Regeln sind fundamental verschieden.
  2. Mutmaßliches Interesse sorgfältig prüfen: Nur weil Sie etwas verkaufen möchten, heißt das nicht, dass es den Angerufenen interessiert.
  3. Einwilligungen rechtssicher einholen: Sparen Sie nicht an dieser Stelle – eine unwirksame Einwilligung ist wertlos.
  4. Dokumentation ernst nehmen: Im Zweifel müssen Sie nachweisen können, dass Sie rechtmäßig gehandelt haben.
  5. Widersprüche respektieren: Ein “Nein” ist ein “Nein” – respektieren Sie die Entscheidung des Angerufenen.
  6. Schulung und Sensibilisierung: Ihr Team muss die rechtlichen Grundlagen kennen und im Alltag umsetzen.

Wer diese Grundlagen verinnerlicht und in seinen Akquise-Prozess integriert, kann erfolgreich und rechtssicher neue Kunden gewinnen – ohne das Risiko kostspieliger Bußgelder und Reputationsschäden.

Nutzen Sie Kaltakquise als das, was sie sein sollte: Ein professionelles Werkzeug zur Kontaktaufnahme mit potenziellen Geschäftspartnern, die von Ihrem Angebot tatsächlich profitieren können.

Häufig gestellte Fragen